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Erbrecht | 16. August 2017
Ob im Rahmen der Zukunftsplanung oder nach dem Tod der Eltern: Eines Tages sind die meisten von uns mit Erbfragen konfrontiert. Was Sie darüber wissen sollten.
Viele Leute sterben, ohne ihren Nachlass geregelt zu haben. Wenn man weder ein Testament geschrieben noch einen Erbvertrag abgeschlossen hat, bestimmt das Gesetz, wem die Erbschaft zufällt – und zu welchen Teilen.
Die gesetzliche Erbfolge ist im sogenannten Parentelsystem festgelegt. Mit «Parentel» sind die erbberechtigten Verwandten gemeint. Das Parentelsystem ordnet die gesetzlichen Erben in drei sogenannte Stämme, die in einer bestimmten Reihenfolge erben können.
Erster Stamm: Zuerst berücksichtigt das Gesetz die direkten Nachkommen; die Kinder erben zu gleichen Teilen. Falls ein Kind bereits verstorben ist, erben dessen Kinder, also die Enkel des Erblassers. Das Gesetz bevorzugt ausserdem die Lebenspartner: Ist die verstorbene Person verheiratet gewesen oder hat sie in eingetragener Partnerschaft gelebt, bekommt der Ehegatte respektive Partner die Hälfte des Vermögens. Sogar drei Viertel bekommt der Ehegatte, wenn er mit Erben des zweiten Stammes teilen muss. Fehlt der zweite Stamm, erbt der Partner alles.
Zweiter Stamm: Hinterlässt der Erblasser keine Kinder, fällt das Erbe an den zweiten Stamm – an seine Eltern. Mutter und Vater teilen sich die Erbschaft je zur Hälfte. Falls die Mutter oder der Vater nicht mehr leben, geht ihr Erbanteil an ihre Nachkommen, also an die Geschwister der Erblassers.
Dritter Stamm: Er ist an der Reihe, wenn der Erblasser keine Kinder hat und wenn keine Erben des elterlichen Stammes da sind. In diesem Fall geht das Erbe zu gleichen Teilen an die Grosseltern. Wenn ein Grosselternteil verstorben ist, fällt das Erbe an dessen Nachkommen.
Beim dritten Stamm endet die Erbberechtigung der Verwandten. Was aber, wenn es gar keine erbberechtigten Verwandten gibt? Dann fliesst das Erbe an die öffentliche Hand: an den Kanton oder an die Gemeinde des letzten Wohnsitzes. Jedoch nur, wenn nichts anderes verfügt ist.
Mittels Testament – auch letztwillige Verfügung genannt – oder mit einem Erbvertrag kann der Erblasser innerhalb der gesetzlichen Schranken bestimmen, was mit seinem Vermögen geschieht. Die grösste Freiheit geniesst er ohne Erben: Er kann sein Eigentum vermachen, wem er will. Sind Erben vorhanden, muss er hingegen auf die Pflichtteile achten.
Die Erben des ersten und des zweiten Stammes profitieren von Pflichtteilen. Dies sind Teile des Nachlasses, die den Erben nicht entzogen werden können. Den Nachkommen steht ein Pflichtteil von drei Vierteln zu. Beispiel: Der Erblasser hinterlässt Ehegatte und Kinder. Der Ehegatte erhält wie schon erwähnt die Hälfte des Erbes. Drei Viertel der anderen Hälfte fallen unter das Pflichtteilsrecht. Der Pflichtteil für die Kinder beträgt somit drei Achtel der Erbschaft. Für Eltern sowie für Ehegatten und eingetragene Partner beträgt der Pflichtteil jeweils die Hälfte des gesetzlichen Erbanspruches (siehe Grafik). Hat der Erblasser im Testament Pflichtteile verletzt, können die betroffenen Erben den Pflichtteil einfordern.
Wer hat Chancen auf das Erbe? Das Parentelsystem bestimmt die Erbfolge.
Pflichtteile: So viel gehört dem Ehepartner, den Kindern und den Eltern.
Äussert ein Erblasser den letzten Willen nur mündlich, ist das zwar im Gesetz grundsätzlich akzeptiert. In der Praxis türmen sich jedoch die Probleme. Deshalb empfehlen Fachleute ein schriftliches Testament. Es muss von A bis Z eigenhändig geschrieben sein – inklusive des Datums (Tag, Monat, Jahr). Ebenfalls zwingend ist die persönliche Unterschrift. Wer möchte, kann das Testament öffentlich beurkunden lassen. Beim Erbvertrag ist das Beurkunden obligatorisch.
War die verstorbene Person verheiratet, brauchen die anderen Erben etwas Geduld – bis klar ist, welche Güter dem überlebenden Ehegatten zustehen. Der Fachbegriff dafür ist «güterrechtliche Auseinandersetzung». Dabei gilt Folgendes: Sofern durch einen Ehevertrag nichts anderes vereinbart ist, gilt der Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung. Dem überlebenden Ehegatten stehen drei Vermögensteile zu: sein Eigengut, die Hälfte seiner Errungenschaft und die Hälfte der Errungenschaft des verstorbenen Ehegatten. Eigengut ist Vermögen, das vom Ehepartner in die Ehe eingebracht wurde oder ihm während der Ehe unentgeltlich zufiel, z.B. eine Erbschaft. Zudem Gegenstände, die ausschliesslich dem persönlichen Gebrauch dienen. Die Errungenschaft umfasst alle Vermögenswerte, die ein Ehegatte während der Ehe entgeltlich erworben hat, etwa der Arbeitserwerb, Leistungen aus Sozialversicherungen oder Erträge aus dem Eigengut. Mit einem Ehevertrag lassen sich Eigengut und Errungenschaft beeinflussen. Zum Beispiel kann man Vermögenswerte für die Ausübung des Berufes zu Eigengut erklären. Oder bestimmen, dass Erträge aus dem Eigengut nicht in die Errungenschaft fallen. Beeinflusst werden kann auch der sogenannte Vorschlag – die Errungenschaft nach Abzug der Schulden. Ohne schriftliche Vereinbarung steht grundsätzlich jedem Gatten die Hälfte des Vorschlags zu.
Was manchmal vergessen wird: Mehrere erbberechtigte Personen bilden eine Erbengemeinschaft, und zwar bis das Erbe geteilt ist. Bis dahin übernimmt die Erbengemeinschaft das ganze Erbe mit allen Rechten und Pflichten. Jeder Erbe ist Gesamteigentümer des Vermögens. Und jeder Erbe haftet solidarisch für etwaige Schulden des Erblassers. Folglich beschliesst die Erbengemeinschaft über alle Rechte und Pflichten gemeinsam. Jeder Miterbe kann die Erbteilung und somit die Auflösung der Erbengemeinschaft verlangen, wobei es Ausnahmen gibt, z.B. wenn der Erblasser in seinem letzten Willen die Erben vertraglich an die Erbengemeinschaft gebunden hat. Eine Erbschaft muss nicht zwingend angenommen werden, sie kann auch ausgeschlagen werden. Beispielsweise wenn eine Überschuldung vorliegt.
Viel Zeit bleibt den Erben aber nicht: Sie müssen innert dreier Monate seit Kenntnis des Todes die Ausschlagung erklären. Wird die Frist verpasst, gilt die Erbschaft als angenommen.
Das Erbrecht ist sehr detailliert geregelt, und zwar im Zivil gesetzbuch (ZGB) ab Art. 457. Deshalb unsere Empfehlung: Diskutieren Sie in der Familie vorzeitig die erbrechtliche Ausgangslage.