Sei es nach dem Tod des Ehemannes oder bei einer Scheidung: Die Frage, welche finanziellen Ansprüche eine Bäuerin geltend machen kann, stellt sich in der Landwirtschaft häufig. Einige Grundsätze und Empfehlungen.
Wenn eine Ehe durch Tod oder Scheidung endet, kommt es zur sogenannten güterrechtlichen Auseinandersetzung: Die Vermögenswerte von Mann und Frau werden getrennt und geteilt. Die güterrechtliche Auseinandersetzung ist im Todesfall die Vorstufe der «erbrechtlichen Auseinandersetzung».
Grundsätze des Güterrechts
Will ein Ehegatte oder ein Nachkomme das landwirtschaftliche Gewerbe zur Selbstbewirtschaftung behalten oder übernehmen, verweist das Ehegüterrecht grundsätzlich auf den landwirtschaftlichen Ertragswert, wenn es darum geht, die Vermögenswerte zu bestimmen (Art. 212 Abs. 1 ZGB, analog auch Art. 17 Abs. 1 BGBB). Dieser Anrechnungswert kann zugunsten von Ehegatten, die nicht Eigentümer sind und den Betrieb nicht übernehmen, erhöht werden (Art. 212 Abs. 2 und Art. 213 ZGB, siehe auch Art. 18 BGBB). Und zwar z.B. unter folgenden Voraussetzungen:
⁃ Das Gewerbe wurde ursprünglich zu einem höheren Preis als dem Ertragswert gekauft
⁃ Es wurden erhebliche Landgut-Investitionen getätigt
Falls der Ehegatte nicht Eigentümer ist, lässt sich der Anrechnungswert beim Tod des Eigentümers auch dann erhöhen, wenn der Unterhaltsbedarf des überlebenden Ehegatten dies erfordert.
Zudem kann der überlebende Ehegatte einen Zuweisungsanspruch auf das landwirtschaftliche Gewerbe geltend machen, falls er es selber bewirtschaften will und dafür geeignet ist (Art. 11 Abs. 1 BGBB). Allerdings haben mündige Nachkommen Vorrang. Doch auch in diesem Fall geht der überlebende Ehegatte nicht leer aus: Er hat Anspruch auf seinen Erbteil (häufig ½ oder ¾ am Betrieb). Zudem kann er verlangen, dass ihm auf Anrechnung an seine Ansprüche die Nutzniessung an einer Wohnung oder ein Wohnrecht eingeräumt wird, wenn es die Umstände zulassen (Art. 11 Abs. 3 BGBB).
Was bedeutet dies konkret?
Wenn eine Bäuerin ihren Mann verliert oder sich scheiden lässt, kann nur eine genaue Kenntnis der Umstände zeigen, welche Vermögenswerte ihr zustehen. Unbedingt zu empfehlen ist die Beratung durch eine Fachperson.
Allgemeine Empfehlungen für Nichteigentümer-Ehegatten
Lassen Sie sich bei der Wahl des Güterstandes (Errungenschaftsbeteiligung, Gütergemeinschaft, Gütertrennung) beraten. Unterzeichnen Sie gegebenenfalls einen Ehe- und Erbvertrag.
Lassen Sie sich die Mitarbeit auf dem Betrieb entschädigen, z.B. durch eine regelmässige Lohnzahlung.
Sorgen Sie für nachvollziehbare Geldflüsse während der Ehe, z.B. mittels getrennter Bankkonti.
Sammeln respektive dokumentieren Sie die Grundlagen für die güterrechtlichen Berechnungen, insbesondere:
⁃ die letzte Steuererklärung beider Ehepartner vor Eheschluss
⁃ Belege über Erbschaften und Schenkungen während der Ehe
⁃ Verträge (Kauf/Abtretung Liegenschaft, Darlehen, u.a.)
⁃ eigene Lohnausweise
Falls Sie mit eigenen Mitteln (aus Eigengut oder aus eigener Errungenschaft) zur Finanzierung von betrieblichen Investitionen beitragen: Erstellen Sie einen Darlehensvertrag und bestehen Sie darauf, dass die Darlehensschuld in der Buchhaltung ausgewiesen wird.
Es ist von Vorteil, wenn das Ehepaar auch ausserbetriebliches Vermögen anspart. Ob dieses aus der Landwirtschaft oder aus einer externen Erwerbstätigkeit stammt, ist zweitrangig.
Nach dem Tod des Mannes: Welche Ansprüche kann die Bäuerin geltend machen?